Aufgabe

 

 

 

 

Nichts, gar nichts ist ihm geblieben.
Alles, alles hat seinen Sinn verloren.
Wozu noch kämpfen?
Wozu noch suchen?

Soviel Schönes und Wildes war ihm begegnet.
Er hatte es freudig eingefangen. Es fasziniert auf Linse und Papier gebannt, und doch war es mit der Zeit blass und hässlich geworden. Es schien, als ob es sich ihm zuerst aufreizend zeigte, um sich sodann verächtlich abzuwenden Da es ihn selbst nur hinzog, wo er sich willkommen und frei fühlte, lernte er loszulassen. Er bändigte seine Liebe, denn ihm war, als würde sie das Ersehnte fesseln.

Doch danach wurde die Welt grau. Nichts fesselte ihn mehr.
Nur noch das Grau, das tief in seine Zellen eindrang.
Er lernte selbst Licht zu machen. Sammelte Brennholz und entfachte Feuer. Kurz wurde es hell, lebendig und warm.
Viel zu schnell brannten die Feuer nieder. Soviel Nahrung, wie sie verlangten, konnte er einfach nicht herbeischaffen.
Bald brannten nicht einmal mehr in seiner Vorstellung Flammen. Einzig in seinen Träumen begegnete ihm die Schönheit noch und die daran verbrannten Finger schmerzten bis weit in den Tag.
Morgens zog er die Decke über den Kopf und ärgerte sich, dass er aufwachte.
Traumnächte kannten keinen Schmerz. Nur Intensität.

Herzlos und öde waren die Tage. Einzig die Angst, auch Andere in diese graue Welt hineinzuziehen, sie zu fesseln, ließ ihn die Pflicht ertragen. Er half seinen Mitgeschöpfen, Brennmaterial zu sammeln, ihr Feuer zu entzünden und versorgte ihre Brandwunden. Wenn sie sich an ihn binden wollten, lehrte er sie Eigenständigkeit und zog sich zurück, bevor aus lockeren Verbindungen Knoten entstanden, die nur mit dem Schwert zu lösen waren.
 Seine eigenen Narben begannen zwar zu verblassen, doch er erinnerte sich nur allzugut an die Schmerzen gewaltsamer Trennungen.
Er fühlte er sich zwar im Schmerz lebendiger, auch das schwere Schwert zu heben, ließ seine Muskeln erwachen, doch die Angst zu verletzen, wie er verletzt worden war, ließ ihn immer wieder zögern.
So verpasste er allzuoft den richtigen Moment.
Statt Befreiung wuchs Schuld.
Sie schmerzte ihn mehr, als es all seine eigenen Verletzungen je vermochten. Die Schuld war nicht grell, sondern dumpf und unfassbar. Sie verteilte sich gleichmäßig über sein ganzes Wesen.
Waren seine Narben Erinnerung an überstandenes Leid, schien die Schuld unaufhaltsam in die Zukunft hineinzuwuchern.
Was andere mit Härte abwehrten, war ihm verwehrt. Er wollte und musste weich und durchlässig bleiben, wollte er sich nicht verraten.

So vergrub er das Schwert.

Immer wieder, denn das Leben und sein Verständnis zwangen ihn dazu, es andauernd von Neuem auszubuddeln.
Er wollte das Schwert nie und will es nun endgültg nicht mehr.

Er hört auf zu kämpfen.
Gibt auf. Ohne zu wissen, was bleibt.
Ohne zu wissen, was kommt.
Nach der Trauer.
Vielleicht kann er danach wieder ans Leben anknüpfen.
Mit Knoten, die sich leichter lösen lassen.
So leicht wie die Schleifen an seinen Schuhen und mit kleinerem Rucksack.
So leicht wie die Kindergartentasche damals.
So leicht wie die Vorfreude aufs Spiel.
Jeder Morgen ein neues Abenteuer.
Neues Leben!