Karls Olle ist jetzt schon seit einem viertel Jahr weg. Bei ihrer kranken Mutter. Eintausendsechshundertzweiundvierzig Kilometer von Haus, Herd und Bett entfernt. Eigentlich hält Karl es gut aus, so alleine mit den paar Pflanzen, die er gießen muss, dem bisschen Geschirr, dem gelegentlichem Waschbecken-, Klo- und Badewannenputzen und Staubsaugerschieben. Nur, dass der Beutel langsam zu voll ist. Den vom Staubsauger kriegt er wohl zur Not gewechselt, doch bei dem zwischen seinen Beinen ist das gar nicht mehr so einfach.
Anfangs überwiegte noch der Genuss, jederzeit völlig unkommentiert Fußball schauen zu können und die Krümel im Bett erst zu entfernen, wenn sich das Laken wie das Übungsbrett eines Fakirs anfühlte. Er hing genüsslich mit Freunden in seiner Stammkneipe, dem ¨Grunzenden Leonard¨ rum, gönnte sich jede Woche ein oder zwei Mal einen Schwips. Er trank gerade so viel, bis die Gläser leicht anfingen zu verschwimmen und der Heimweg durch die kalte Frischluft und den grauen Problemstadtteil zum gemütlichen Riesenslalom wurde. Am Morgen musste er sich dank ihrer Abwesenheit von seiner Milchschnitte keine hämischen Bemerkungen über teuer erstandene Brummschädel oder verdammt anhängliche Kater anhören. Selbst das Furzen unter der Bettdecke nach der alternativlosen abendlichen Schokolade blieb ohne lästige Strafpredigt und nervenden Lustentzug.
So gesehen sollte es Karl eigentlich gut gehen.
Doch wie gesagt: Die Eier, die verdammten, verdammt dicken Eier plagen ihn!
Wäre Karl ein Proll, gäbe es mit den Trieben keine Probleme. Notgeile Schlampen gibt es nach zwei Uhr morgens in der Kneipe immer. Abschleppen wäre kein Problem. So übel sieht er nämlich gar nicht aus mit seinen Achtundfuffzich. Die Tanten nehmen auch Männer mit Überhangmandat oberhalb der Gürtellinie, wenn die über das Doppelkinn und die Hängebacken wegsehen. Letztens meinte Erika, die frühpensionierte Lehrerin mit der Perücke und den riesigen Hängebrüsten: Mit genügend Alkohol könne Frau jede auch noch so geringe Lebensleistung ästimieren, und sei es nur ein ehrlich erworbenes Hofbräugeschwür oberhalb der Gürtellinie!
Egon und er verzogen ob dem schlauen Gewäsch der Alten die Augen. Doch Egon flüsterte gleich darauf, dass sie außer Labern noch ganz ander Sachen mit ihren Lippen könne. Und wie! Zur Not könnte Karl sogar mit Friedrich ins Flatrate-Puff gehen. Der will ihn da sowieso jeden Freitag mitschleifen. Doch da Karl seine Milchschnitte liebt und ein grundanständiger Kerl ist, konnte er der Versuchung widerstehen. Er ist eine treue Seele, ein ganzer Kerl mit Herz, Vernunft und Anstand. Und eben auch Trieben, denen die vorgenannten Charaktereigenschaften mittlerweile ziemlich Wurst sind, und die sich trotz erbitterter Gegenwehr wie mit Widerhaken in seine abendlichen Gedanken krallen.
Die ersten paar Wochen behalf er sich tapfer mit den Händen. Da war ihm das Bild seiner Holden noch soweit präsent, dass sich sein Schwengel zuverlässig zu recken und strecken begann, sobald er die Augen schloss und sich den prallen Arsch und die wippenden Titten seiner abwesenden Lebensausschnittsgefährtin vorstellte. Rieb er dann das samtene Köpfchen und die Wulst an der zurückgewichenen Vorhaut, ging es nicht lange und die eingesperrten Sämchen bahnten sich vehement den Weg ins Freie.
Erst als das Bild seiner Holden immer schwieriger zu finden und noch schwerer scharf zu stellen war, wurde es für ihn problematisch. Zu Steh- und Gehhilfen wurden in dieser Zeit Phantasien von schweigend schwelgenden Lehrerinnenlippen oder das lüsterne Blitzen im Lächeln der Kassiererin im Supermarkt. Die postejukalutive Ernüchterung, also der Kater und das leichte schlechte Gewissen konnten unschwer mit dem Argument verjagt werden, dass er schließlich dafür sorgen müsse, dass Karl bei Ihrer Rückkehr noch potent sein wird.
Allerdings drängten sich beim nächsten Anblick der Lehreinnenlippen die Backen nebst anderen Hängepartien dreist in den Vordergrund, das Lächeln der Kassiererin blieb auch aus und bald verschwanden die erektionsförderlichen abendlichen Phantasien auf Nimmerwiedersehen.
Danach kam für ihn die unsägliche Zeit der Pornofilme. Schnell wollte bei dem immer gleichen Ruckzuckreinrauskünstlichgleitcremegestöhne keine Lust und erst recht keine anständige Erektion mehr wachsen. Außerdem klingelte einmal während seiner verzweifelten Suche nach vielleicht dem einen doch noch anregenden Film seine Nachbarin, um nach Butter zu fragen. Schon die Erinnerung an seine roten Backen und Ohren, als sie ungefragt in die Wohnung stolzierte ist ihm so peinlich, dass er gar keinen Bock mehr hat, anrüchige Seiten aufzurufen. Davon abgesehen, dass er immer den gesamten Browserverlauf löschen muss und drei Virenscanner herunterladen musste, um diesen scheiß Virus wieder loszuwerden.
Als er es nach einigen abstinenten Tagen wegen seiner Potenz mit der Angst bekam, ließ er sich doch von Friedrich mit ins Puff zerren. Auch das wurde ein Reinfall. Obwohl Friedrich die Spendierhosen anhatte und erst runterließ, nachdem er ihn mit gleich zwei schnatternden Thaimädels ins Separee geschickt hatte, und obwohl beide nachdrücklich und ausdauernd insistierten, wollte sich zwischen seinen Beinen absolut nichts rühren. Zuerst war es ihm zwar peinlich, aber er war richtig erleichtert, als er wieder draussen war. Vielleicht, weil er sich endlich getraut hatte mitzugehen und dazu, weil eigentlich nichts passiert war und ihn so sein Gewissen nicht plagen muss. Es gibt schließlich nichts zu beichten und damit von seinem Schatz keine unangenehme Reaktion zu befürchten.
Seitdem geht nun gar nichts mehr. Karl kann jetzt nur hoffen, dass seine Milchschnitte die Kunst der Brunst in der Fremde nicht auch verlernt hat. Er betet darum, dass ihr geliebter Gugelhupf in ihrer heißen Backröhre so aufgeht, wie er es seit ihrem Kennenlernen beim Bäcker um die Ecke immer getan hat.
Wenn nicht, weiß er auch nicht weiter. Aber wenigstens hat sich bei dem Gedanken da unten doch etwas geregt. Das lässt hoffen!