Es waren da noch Max und Moritz.
Eigentlch waren die gar nicht so böse und ungezogen.
Nein.
Sie waren schwul.
Damals gab es sowas wie ein Coming Out noch nicht. Außerdem konnten sie sowieso kein Englisch.
Sie wären also die ersten gewesen.
Dass sie diese ganzen Streiche gespielt haben, liegt einfach daran, dass alle Welt sie ausgelacht hatte, nachdem sie eines Tages händchenhaltend durch Wanne Eikel liefen. Dass das Männer auch tun, hatten sie zuvor in Lehrer Lämpels Bibliothek gesehen. Es waren arabische Männer gewesen , die wie selbstverständlich Hand in Hand durch einen Basar schlenderten.
In den Tagen danach grinsten erst alle blöde, wenn sie sie sahen. Tuschelten, wenn sie zusammen an einer Häuserecke standen. Oder sie riefen ihnen gar zotige Sprüche hinterher.
Lehrer Lämpel, der ihnen bislang allzugerne übers feine Haar gestrichen hatte, wenn er neben ihrem Pult stand und ihnen über die Schulter schaute, rührte sie seit dem Tage nicht mehr an und gab ihnen regelmäßig schlechtere Noten als ihren Klassenkameraden.
Witwe Bolte, die ihnen bislang auf dem Schulweg immer etwas Süßes zugesteckt hatte, weil sie ihr ab und an halfen, weil der Mann im Hause doch sehr fehlte - Witwe Bolde verschloss Haus und Hof, ja sogar die Fensterläden waren dicht, wenn sie nun von der Schule nach Hause liefen und an ihrem Grundstück vorbei kamen.
Sonntags war es ihre Aufgabe frisches Brot und Wecken beim Bäcker zu holen. Dieser ließ sie nun warten, bis alle anderen gegangen waren und oft mussten sie deshalb unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen, wo sie der schmerzende Stock des Vaters erwartete.
Wen wundert es, dass diese Beiden für ihre Mitmenschen immer weniger zu erreichen waren? Wer gönnte ihnen da nicht die einzige Möglichkeit noch etwas Spass zu haben? Wer würde nicht auf Rachegedanken kommen?
Das unrühmliche Ende ist übrigens wie in vielen Fällen dem Wunschdenken ihrer ungnädigen Mitmenschen entsprungen und entbehrt jeglicher Grundlage.

Als sich niemand mehr mit ihnen abgeben wollte, starteten sie die allseits bekannte Aktion Streiche und packten dann ihr Bündel, um nach Amerika auszuwandern.
Dort wurden sie bei der Einreise von dem Zollbeamten Chrisopher Street sehr genau kriminaltechnisch untersucht und siedelten sich danach mit seiner Hilfe in New York an. Unbestätigten Gerüchten zufolge trafen sie dort auch Gay Pride und Mardi Gras und eröffneten in einem Hinterhof die erste Schwulenbar.