Selbst Fairarsche!

An einem wolkenverhangenen Nachmittag schlenderte Hr.Dr. Dörrpflaum, seines Zeichens Ex-Chef-Klorollentester der Firma Wischfrisch&Dreckweg durch die Altstadt. Wie eigentlich jeden Tag. Nicht dass er dem süßen Nichtstun frönte, nein - er war bis in die Haarspitzen in einen fachlichen Disput mit sich selbst vertieft.
Die perfekte Klorolle war wie immer das Thema des engagiert geführten Austauschs zwischen den konkurrierenden Hirnlappen des Spätrentners.

Da war Friedhelm, der Pragmatische. Seine dauernden Rückenprobleme hatten dazumal die zündende Idee für eine ertragreiche Innovation der Firma geführt. Lang her, doch die Formel für den Perforationsversatz bei drei- und nochmehrlagigen Klopapierrollen hatte der Firma einen derartigen Umsatzsprung beschert, dass Friedhelm Uwe Dirk-Manuel Sergio Pascal von Hühnerdreck-Dörrpflaum, wie der volle Name unseres Protagonisten lautet, heute dank der von Sergio ausgehandelten Umsatzbeteiligung volle 13.20 Euro mehr Rente bezieht.

Sergio, der mit sizilianischem Mafiosiblut geschäftstüchtigste Teil Dr. Dörrpflaums ist leider die letzten zwei Jahre nach der Pensionierung sehr leise geworden und meldet sich nur noch selten zu Wort. Scheinbar leidet er unter mangelnden Gelegenheiten zum Beutezug. Sein Versuch, bei den anderen Hirnlappen Dörrpflaums Schutzgeld einzutreiben, scheiterte kläglich.

Uwe und Dirk-Manuel verpassten ihm stantepede so einen vor den Latz, dass ihm die Luft wegblieb. Seither bemerkt Dörrpflaum seine Anwesenheit nur, wenn er das Astmaspray aus der Innentasche des Sakkos zieht und so das angeregte Gespräch der anderen unterbricht, bis er wieder zu Atem gekommen ist. Zur Entscheidungsfindung trägt er auf alle Fälle nichts mehr bei.

Manuel, der Zwillingsbruder von Dirk hat sich bei dieser Aktion übrigens so die Hand verstaucht, dass ihm seither regelmäßig die Fingerknöchel anschwellen, weshalb Dirk vor dem Ausgang darauf besteht, einen Lappen und eine Flasche Doppelkorn einzustecken, dass Manuel sich bei Bedarf einen alkoholgetränkten Lappen um die Hand wickeln kann.

Pascal war eigentlich schon immer der Erfindergeist. Zwar war seine Argumentationsführung überaus desolat und mit seinen sinnestrunkenen Methaphern schickte er alle anderen Anteile Dörrpflaums regelmäßig in die hintersten Ecken ihrer Erinnerungen, doch sie hatten gelernt, damit umzugehen. Dazu war es allerdings nötig gewesen, den Einfluss derer von Hühnerdreck zu eliminieren. Derer von Hühnerdreck, Michaela Chantalle Ludmilla, ehemals genannt: ¨mein Scheisserchen¨, beliebte bis in die frühen Vierziger die Gattin unseres rührigen Doktors zu sein. Sie war die Tochter seines ehemaligen Prokuristen und weiblicher Reiz und nicht von der Hand zu wischende Aufstiegsmöglichkeiten zwangen ihn damals zur widerstrebenden Einwilligung in eine überaus kitschige und nachträglich entbehrlich scheinende Heirat.
Nach der Scheidung verliefen die Arbeitsbesprechungen wieder relativ reibungslos und Dr. Dörrpflaum geniesst seither auch wieder das nun so angenehm friedliche weil wortlose Abendbrot.

Sein Beziehungsstatus macht ihm im Gegensatz zu manch einem anderen Zeitgenossen kein Kopfzerbrechen, was in Anbetracht der speziellen Vorgeschichte nicht verwundert. Nur wenn ihm eine Frau auf seinen täglichen Spaziergängen vielsagende Blicke zuwirft und Sergio, der alte Schwerenöter sie unvorsichtigerweise auffängt, gibt es kurzzeitig einen kleinen Aufruhr. Doch Dirk-Manuel und Uwe schaffen diesen am Abend eigenhändig in wenigen Minuten abzuschütteln. Die Welt ist wieder in Ordnung und unser Doktorchen kann seelig in wohlperforierte Papierlagenträume eintauchen.