Teufelchen


Als ich wieder einmal verzweifelt nach Antworten suche und natürlich keine befriedigenden finde, grinst mich mein kleiner innerer Teufel an und meint:
"Das kommt davon, dass Du immer die falschen Fragen stellst!"
Nach dem ersten genervten Augenrollen, wer mag schon in einer solchen Situation superschlaue Ratschläge hören, fällt mein Widerstand wie ein zu früh gelüfteter Gugelhupf in sich zusammen. Photografierte mich in diesem Augenblick jemand, bekäme ich garantiert den Preis für das dümmste Gesicht des Jahres.
Das spontane Ja-Aber bleibt mir im Halse stecken.
Sollte ausgerechnet mein boshaftester Teil der Weisheit näher sein, als der ach so gebildete und gutwillgeschwängerte Rest von mir? Ich suche natürlich sofort nach der hinterlistigen Absicht des Teufelchens. Irgendetwas muss es ja im Schilde führen. Normalerweise flüstert es mir unnütze oder gar ungehörige Sachen ein. Sowas wie: "Warum kaufst Du dir nicht diesen neuen Mini? Die paar Raten mehr fallen doch gar nicht auf."
Oder: "Jetzt tanz doch ruhig noch ein bisschen enger mit dem Zuckerstückchen. Deine Frau schaut so oder so säuerlich!"
Und: "Warum aufstehen? Es ist doch gerade so gemütlich. Ein kurzer Anruf im Geschäft genügt. Du warst schon ewig nicht mehr krank."
Dass es mich in diesen Fällen zu etwas schnellem Glück verführen will, habe ich schon lange kapiert. Aber ich habe auch gelernt, wegzuhören. Meistens. Schlimmer finde ich, wenn es sich in meine Augen- oder Mundwinkel stiehlt. Dann bemerke ich erst am Gesichtsausdruck meines Gegenübers, dass etwas nicht stimmt. Entweder dasjenige grinst mich anzüglich an, zieht fragend die Augenbrauen nach oben oder stellt mir eine peinliche Frage. Aus der Nummer wieder rauskommen, ist meist mit einigem intellektuellen Aufwand verbunden. Das Schlimmste daran ist das boshafte Kichern, das ich währendessen tief in mir hören kann.

Also. Was will das Schlitzohr?

"Endlich!" vernehme ich seine Stimme, " Ich fürchtete schon, du wärest eingeschlafen. Kann denn Mensch so begriffstutzig sein? Natürlich will ich was!
Aber wie gesagt, es sind nicht die Antworten, die dich weiterbringen."

Stille. Was soll das jetzt? Teufelchen, du nervst! Will es mich verarschen? Wie sonst auch. Oder will es einfach, dass ich weiterfrage?

"Schon etwas wärmer!"

Was jetzt? Welche Frage war jetzt die richtige?

"Kalt. Fragen können nicht richtig oder falsch sein. Nur der Zeitpunkt an dem du sie stellst."

Hey! Am Anfang hast Du mir aber vorgeworfen, immer die falschen Fragen zu stellen. Teufel, du bist ziemlich unlogisch.

"Schnellmerker! Unlogik ist mein zweiter Vorname. Schon vergessen, ich bin ein Teufel? Frag weiter!"

Okay. Du willst mich also irgendwo hinführen?

"Noch kälter!"

Willst Du mich verarschen?

"Obwohl Du da nicht ganz falsch liegst, bist Du es in der Regel selbst, der sich zu verarschen pflegt. Also wieder kalt."

Mann, oh Mann. Ich frage mich, wozu wir Männer überhaupt Frauen brauchen, wenn wir alle solche Teufelchen schon in uns haben.

"Gute Frage. Weiter!"

Hm. Könnte es sein, dass ihr Biester uns plagt, uns mit Trieb und List und Tücke in die Arme der holden Weiblichkeit treibt, damit wir euch zu deren Teufelchen führen? Weiblichen natürlich. Dann könnt ihr euch doppelt über uns lustig machen.
So nach dem Motto: Geteiltes Leid ist doppelte Freud?

"So langsam läufst Du zur Hochform auf. Alle Achtung! Hihi - wer hätte gedacht, dass kultivierte Männchen überhaupt zu solch intelligenten Schlussfolgerungen fähig sein können?"

Lass den Spott, das Lachen wird dir schon noch vergehen!

"Und wie willst Du das anstellen?"

Arschloch! Ich kann sein genüssliches Grinsen ganz deutlich hinter meinen Ohren spüren. Und wie es mir die Zunge rausstreckt.

"Willst Du mich wegsaufen? Wegmeditieren? Mir mit Askese zu Leibe rücken?
Ach kuck mal, da drüben am Nachbartisch. Ja, die mit dem schönen Lächeln - und wie süß sich ihre Lippen kräuseln ... - hihi - vergiss es einfach! Ausserdem muss schon wieder ich die Fragen stellen. Dabei dachte ich gerade, du wärest lernfähig."

Nochmal Arschloch! Aber okay. Ich gebe zu, dass die Chancen, dich auszutreiben ziemlich gering sind. Ausserdem könnte das Leben ohne inneren Teufel ziemlich langweilig werden. Wie ohne Mädels.

"Ja? Hört, hört! Doch vielleicht bemerkst Du, dass inzwischen ich wieder die Fragen stelle. War das nicht dein Part?"

Schnauze. Ich denke nach!
Also - Antworten sind nur der Boden auf dem neue Fragen wachsen. Punkt. Der Teufel liegt im Decoltee. Ja, grins nur, du Teufelsbraten! Du willst also jemanden zum Spielen. Jemand ausserhalb von mir. Mich kennst du ja schon und Langeweile verträgst Du gar nicht. Kann es sein, dass ich mir auf dem Weg zur Seelenruhe merken muß, dass Du etwas zum Spielen brauchst? Dass ich selbst bestimmen kann und sollte, wen Du wann bespasst? Dass ich dabei deine Hinweise beachten sollte? Wie bei meiner Frau. Ist es möglich, dass Du in Männern ein Weib und in den Weibchen männlich bist? Dass mir das ungeahnte Chancen auf zukünftige flotte Vierer eröffnet? Spannend!
Nun - bist Du jetzt sprachlos, Teufelchen? Ist Dir mein Dank peinlich? Auch recht. Ich gehe davon aus, dass Du wieder auftauchst, wenn es Dir zu langweilig wird, oder?