Laue Sturmböen oder der genervte Inspektor
Mushrum ben Ibn Dauerstän-Derbloch hatte nicht unbedingt alle Knoten auf der Kordel, doch dass mit Martinshorn nicht der Prachtmösenlocher seines Kumpels Allin “Fresse” Bimbam gemeint sein konnte, der nach der Aussagen des Inspektors noch in Lamina T. steckte, kapierte selbst er. Während der kräftige, eher tolpatschig wirkende Mittzwanziger noch nervös an seinem Selfiestick herumhantierte, als ob dieser eine Antenne wäre, über die er sich mit einem etwas schnelleren Exogehirn verbinden könnte, beobachtete ihn ungeduldig ein Polizeibeamter. Muschi, wie den Verdächtigen die engsten Freunde - und nur die! - nennen durften, wusste zumindest, dass er mit seinem Aussehen und seiner etwas dürftigen Sprachkompotenz (¨oder wie dem heisst”) besonders vorsichtig sein musste, nicht plötzlich als Triebtäter hinter Gittern zu sitzen. Nachdenklich kaute er am USB-Kabel rum und überlegte krampfhaft, was er dem Polizisten nun antworten soll.

Eigentlich hatte er nur kurz an der Türe des Massagesalons auf seinen Kumpel warten sollen und solange dessen Pittbull halten. Drinnen hatte es Geschrei gegeben und ein ultralautes Klirren. deshalb war er hinein gerannt und die rote Lamina war auf dem Teppich vor dem Fenster gelegen und hatte so seltsam an die Decke gestarrt. Allin “Fresse” war nirgendwo mehr zu sehen gewesen. Der Hund hatte ihn zur geborstenen Fensterfront gezogen und hatte furchtbar gejault. Hinter ihm in der Türe war da plötzlich die kreischende Alte gestanden. Als seine Synapsen endlich zum Ergebnis gekommen waren, dass er besser früher als später verschwinden sollte, war er zur Tür gerannt. Da kam ihm schon die Polente entgegen. Jetzt drückten ihn die Handschellen und der Hund versuchte ihn immer noch zum Fenster zu ziehen.
Das war echt Scheiße gelaufen für ihn! Zumindest soviel verstand er. Aber wie er sich jetzt und mit welchen Worten retten konnte - diese Frage überforderte ihn sichtlich. Seine Pupillen wanderten in alle Richtungen und Schweißperlen rannten über seine Stirn. Er konnte gerade einfach keinen klaren Gedanken fassen. Wie immer, wenn er Stress hatte. Den hatte er zwar dauernd, doch das hier war richtig Stress!

Inspektor Sturmböen seufzte. Eines war ihm schon jetzt klar. Dieses Multikulti-Kuschelmonster vor ihm konnte unmöglich der Täter sein. Der hätte sich beim Mordversuch mit dem Skalpell eher selbst verletzt, statt mit einem gut gezielten Stich von unten hinters Brustbein direkt ins Herz zu treffen.
Der Täter konnte allerdings auch nicht viel heller sein, sonst hätte er nie und nimmer versucht, dieser Schlaftablette den Mord anzuhängen.
Warum konnte er nicht auch einmal einen ebenbürtigen Gegner in Person eines intelligenten Täters bekommen. Einen anständigen Fall, wie man sie jeden Abend im Fernsehen sehen kann? So eine richtige Nuss zum Knacken. Nicht solche Stümper!
¨ Ist dein Kumpel durch die Türe getürmt oder ist er gleich hinten raus?¨
¨Äh,¨ Mushrum war sichtlich erleichtert, dass die Frage seinem Geist eine Richtung vorgaben. Seine Miene klärte sich und er konnte antworten. ¨Er ist nicht mehr rausgekommen!¨ Jetzt lächelte er sogar.
Sturmböen lächelte auch. Nur nicht vor Erleicherung, sondern halb ironisch und halb gequält.
Zumindest das wäre schon mal geklärt. Den Mörder hatte er hier nicht vor sich. Im Verhörraum würde er dem armen Tölpel mit etwas Fragetechnik schnell die nötigen Informationen rauskitzeln. War der Mörder nicht so schlau, sich schnellstmöglich ins Ausland abzusetzen, hatten sie ihn innerhalb ein paar Tagen.
Er gähnte. Der Job machte ihn langsam müde. Manchmal dachte er daran, irgendwann selbst ein Verbrechen zu begehen. Ein wollte einziges Mal etwas mit Niveau und Spannung im Beruf erleben. Eben einen richtigen Fall. Und wenn es dann halt auf der anderen Seite sein musste!