Feuer
Feuer

Feuer

Verdrossen blickte Farid aus dem vor Dreck starrenden Fenster vom Stall von Bauer Tobias, dem er zur Zeit beim Ausmisten und bei der Heuernte half. Dass vor der Scheibe eine düstere Wolkenwand immer schwärzer wurde, war ihm ziemlich egal, kam ihm im Moment sogar ganz recht. Er hatte es nicht eilig. Hier war er einigermassen sicher.

 

Vor dem Fenster aber maschierten der glatte Wahnsinn und sein irres Lachen glatzköpfig und in Springerstiefeln mit lüstern züngelnden Fackeln vorbei. Würden die Wolken sich doch nur jetzt sofort und auf einmal ganz entleeren, von ihm aus mit Blitz und Donner, dann täte sich die brüllende Meute vor dem trüben Fenster ganz schnell auflösen. Doch so ballten sich die Wolken am Himmel nur drohend zusammen und schienen den rotweißschwarzen Fahnenschwenkern in ihrer Brutalität und Menschenfeindlichkeit sogar zuzustimmen. Vor so etwas war er doch aus seiner Heimat geflüchtet.

 

Der Umstand, dass die auf Facebook verbreitete Nachricht, einer seiner Flüchtlingskollegen hätte ein Mädchen mißbraucht und in den See gestoßen, ein Fake war, interessierte die Meute nicht. In ihrer Verblendung und ihrem Zorn konnte sie nichts bremsen. Nicht einmal, dass die Polizei sofort richtiggestellt hatte, dass der junge Mann, das Mädchen sogar vorm Ertrinken gerettet hatte und dass dies und eben nicht ein Mißbrauch zu dem Bild im asozialen Netzwerk führte, hatte die Wogen auch nicht geglättet. Die Menschen des Dorfes, die die Wahrheit kannten, verstecken sich ängstlich angesichts der rohen Gewalt, des Feuers, das in den Augen und Stimmen der schwarzgekleideten jungen Männer loderte, wie er hinter geschlossenen Fensterläden oder Vorhängen. Farid betete, dass die angeforderte Hundertschaft noch rechtzeitig ankäme, bevor die ruchlosen Fackelträger an der Flüchtlingsunterkunft am Waldrand ankommen.

 

Oder eben, dass die Schleusen sich endlich öffneten und das Feuer rechtzeitig löschten. Wo war Gott wenn man ihn brauchte? Der christliche Gott ist scheinbar auch nicht gnädiger als sein muslimischer.