Glitzerkugel


Als das alte Gutshaus in der heiligen Nacht abbrannte, bemerkte niemand die blinkende Christbaumkugel, die bis der First krachend nach unten brach, reglos über der Spitze der alten Tanne am Hofeingang schwebte, um dann mit einem Knall und Ruck auf Nimmerwiedersehen am Sternenhimmel zu verschwinden.

Zehn Minuten zuvor schien noch alles normal.

Unruhig flackerten die Kerzen. Miriam Wunderfitz, die Hausmaus huschte schnüffelnd über knisterndes Geschenkpapier. Sie schob ihre Nase mal hierhin, mal dorthin und quietschte vergnügt, wenn sie einen Krümel fand. Weihnachten war wunderbar. Die Nacktfleischsäulen hatten sich in ihre Federnester zurückgezogen und die größeren chrchten seit zwei Gongschlägen regelmäßig. Als sie ihre Säulen noch um den nach Winterkälte duftenden Kugelkerzenbaum versammelt hatten und gemeinsam seltsame Geräusche von sich gaben, hatte Myriam neugierig aus ihrem Loch geschaut. Kater Niecash, so sagten die Anderen, würde in dieser Nacht nie im Hause sein, denn die Fleischsäulen pflegten in jener Nacht so etwas wie extrem langsames Mäusequietschen von sich zu geben. Davor schien der Kater sich zu fürchten. Sie sagten, das klänge in etwa wie vor zwei Monden, als eines Nachts die Kühlschranktüre offen stand und alle Mäuse erfreut und aufgeregt wild durcheinander quietschten. Heute nur eben in Zeitlupe und aus den riesigen Fleischläülenmäulern oben aus dem Fressloch. Wenn sie verstummten, begänne das große Papierrascheln und kurz darauf verschwänden in der Regel alle Doppelsäulen in ihren Chrchnestern.
Genauso war es gekommen. Nun war Miriam die Letzte, die noch emsig zwischen und unter den Papierfetzen herum huschte und immer wieder noch ein Krümelchen fand.
Einzig der eisige Lufthauch vom Fenster ließ sie immer wieder innehalten und ihr zierliches Köpfchen mit den empfindlichen Barthaaren in diese Richtung drehen. Nicht, dass Kralle Niecash doch zurückkam und sie auf ihrer Schlemmerreise überraschte.
Gerade hatte sie wieder zu dem Spalt hinüber gelugt und hatte sich gewundert. Mitten im Eishauch, der durch den Spalt hereinkam hing eine der glänzenden Baumkugeln. Nur war diese größer und nicht rot, sondern blau. Sie blinkte dafür aber gespenstisch rot aus dem Inneren. Doch das war kaum zu sehen, denn die flackernden Kerzen spiegelten sich in ihr und vermischten sich mit dem Blinken.
Schon wollte Miriam wieder den Kopf senken und dieser einen köstlichen Duftspur unter das bunte Papier folgen, da gefror ihr das Blut in den Adern.
Säulenstimmen!
Laut und deutlich. Still verharrte sie und hoffte, dass der Fleischberg bald wieder aus dem Zimmer ginge und in seine Schlafhöhle zurückkehrte. Seltsam. Sie hatte ihn gar nicht hereinkommen hören?
Die Stimme erscholl erneut. Lauter noch und knarrend. Böse. Direkt aus der Eishauchkugel.
" Hier spricht der erste Offizier der Holy Nazareth. Identifizieren sie sich! Sie befinden sich im erweiterten Hohheitsgebiet Ruprecht des Grausamen von Advetitien. Wir erheben Anspruch auf diesen Planeten.
Identifizieren sie sich augenblicklich, oder sie werden ausgelöscht!"

Myriam hob ihr zitterndes Näschen in die Höhe und wunderte sich.
Es roch gar nicht nach Fleischberg.

Kurz darauf erhellte ein greller Blitz den Raum. Sie starb vor Schreck an Herzversagen bevor sich im Flammeninferno ihre Schnurrbarthaare kringelten.

 


 

Röppiköppi


Packstation 217a
Bösmörderen
Finnland 2011
22.12.2011
23:42:17 Ortszeit

Röppi schlief langsam über dem Tisch ein. Obwohl im Laufe der Nacht die Lampen immer heller gestellt wurden, dass dies nicht passiert. Eigentlich eine gute Idee; doch nach zwei Monaten Wechselschicht bei Weihnachtspack&Schokoumschmelzdienst Smörebröd Rengtengteng konnte man auch bei hellstem Licht einschlafen.
Oder würde es tun, wenn nicht die neue vollautomatische Pack-Verschnürungs, und Schleifenmachmaschine vollste Aufmerksamkeit verlangte.
Wusch, flog das hauchdünne Geschenkpapier wie von Zauberhand über die Tischkante und man musste das auf dem danebenliegenden Rollband ankommenden Geschenk blitzschnell auf die mit Laser gekennzeichnete Fläche auf dem Papier stellen. Sobald es dort das Papier berührte, war es angebracht, die Hände schnell aus der Gefahrenzone zu bringen.
Knister-Zack - faltete eine Robothand das Papier um den Gegenstand,
Zischel - wirbelte das Packband in wechselnden Farben über das Kunstwerk, flocht eine kunstvolle Schleife obenauf und
Schnapp - kappte ein Messer die Enden und zog sich an ihnen entlang, dass es nur so endkringelte.
Plop- öffnete sich ein Schacht und das fertige Weihnachtsgeschenk landete im Bauch der Gelben Seiten. Das war das Schimpfwort seiner Kollegen für den Rumpf der Boings, die Tag und Nacht auf allen Rollbahnen jede halbe Stunde starteten und landeten.
Seit die Chinesen den Laden übernommen hatten, war wirklich nichts mehr wie früher. Anfangs dachte Röppi, der hier schon sein ganzes Leben, die Wintermonate arbeitete, dass Schlitzauge Schlitzauge sei. Doch er hatte in seiner Blauäugigkeit nicht damit gerechnet, dass seine neuen Besitzer auch richtige Schlitzohren sind. Die Gelben wechselten die Seiten. Sie hatten sich nä(h)mlich mit der deutschen Post zusammengeschlossen und konnten so ihre Personalkosten, sprich den Weihnachtsmann-Fuhrpark in nicht unbeträchtlichem Maße verkleinern. Tausende von Finnen verloren ihren so ihren immens wichtigen Winterjob. Die "rote Mützen und weiße Bärte Industrie", die so vielen Finninen innen in ihrer Jurte die Zeit der Dunkelheit verkürzt und etwas Wohlstand hineingebracht hatte, brach schlagartig zusammen. Noch dazu hatten sie jetzt den ganzen langen Dezember ihre depressiven Männer in der Hütte hocken.
Yellow- Stromer sollten sie werden, hatten ihnen die Politiker in der letzten Betriebsversammlung versprochen. Hunderttausende von Solarpaneelen aufs ewige Eis schrauben. Von wegen klarste Luft, beste Einstrahlbedingungen und so. Als die ersten Paneele mit dem Schiff im Packeis stecken blieben und die lange Nacht begann, dämmerte es den Chinesen auf der anderen Seite der Weltkugel und sie ließen die nächsten Platten Richtung Sahara schippern. Nichts mehr mit güldene Nase in den Wintermonaten verdienen.
Doch Ruppi hatte Glück gehabt und wurde übernommen, da er zu der Zeit der schnellste Packer ganz Finnlands gewesen war. Sein Vorarbeiter ließ ihn nach Hause gehen, sobald er 150 Prozent vom Tagessoll erfüllt hatte. Weil er so den Akkord für die Anderen nicht vollends versaute. Er selbst schaffte diese Vorgabe in dreieinhalb Stunden. Da er gerade die dralle Nalle kennengelernt hatte , war er so verliebt, dass ihn ein ein Eisberg hätte rammen können, wenn er auf dem Weg zu ihr war, ohne dass er etwas davon gemerkt hätte. Jede Minute, die er mehr mit ihr verbringen konnte, spornte ihn immens in seiner Arbeitsleistung an und nur das obere Ende der Bandgeschwindigkeit konnte ihn bremsen. In seinem Geschwindigkeitsrausch und dem Liebeswahn hatte er unter Anderem auch nicht gemerkt, dass der Stundenlohn gesenkt wurde, weil Rengtengteng Inkorpulented der Meinung war, dass das täglich drei Mal angebotene kostenfreie Kantinenessen die Ausgaben für Nahrungsmittel beträchtlicher senke, als der Verlust auf dem Lohnzettel ausfiele.
All das ging dem nunmehr leider nicht mehr verliebten Röppi durch den sich immer tiefer senkenden Kopf. Gestern noch hatte ihm Björn geraten, nicht mehr so viel zu saufen, gerade das würde ihm seine dralle Nalle auch nicht zurückbringen. Vielleicht hatte Björn ja Rec - - -

Wusch
Knister-Zack
Zischel
Schnapp
Plop

Boing

Zoing habe ich vergessen.
Zoing macht der Stempel von Rengtengteng Inkorpulented /Shanghai.
Darauf steht neben dem Firmennamen in güldenen Letten geschrieben:
Fröhliche Weihnachten und ein gesegnetes neues Jahr!