Weihnacht in der Fremde: Peterchens Mondfahrt

 

 

 

Eigentlich ist ein Hundeleben etwas Verläßliches. Regelmäßige Spaziergänge auf meist den gleichen Wegen mit den nur wenig variierenden Düften an Häuserecken, Parkuhren und Bäumen und genauso regelmäßiges Futter aus immer der selben Schüssel. Jeden Abend der Klaps auf den Po, bevor Frauchen sich aufs Sofa setzt und jedes Jahr im Winter dieser Baum im Wohnzimmer, an dem Hund nicht das Bein heben darf. Für Menschen vielleicht etwas eintönig, doch für mich schwanzwedelnden Vierbeiner ein stetiger Quell der Zufriedenheit. Am Aufregensten ist abends das Schlüsselumdrehgeräusch gegen halb Sechs. Zumindest, wenn wir mal zuhause sind. Da freut sich der ganze Hund von der Nasen- bis zur Schwanzspitze. 

Soweit so gut. Wer hätte auch ahnen können, dass Brigitte, mein Frauchen letztes Jahr ... aber lassen wir das Lamentieren. Erzählen wir die Geschichte von Peterchens Mondfahrt ganz von vorn. Von den Düsen aufwärts, sozusagen. Ja, sie haben richtig gelesen: Peterchens Mondfahrt!

Dieses dämliche Grinsen wird ihnen bald vergehen. Ja, ich heiße Peterchen, und wenn Brigitte mich ruft, klingt dieser Name wie die schönste Musik in meinen Ohren. Ja, ich sagte Mondfahrt und ich meinte Mondfahrt!

Alles begann damit, dass Brigitte diesen nach Rasierwasser stinkenden Schlitzaugenschnösel mit nach Hause brachte. Nicht nur, dass sie mein Schwanzwedeln völlig übersah und ihre Hand, statt auf meinen Rücken schnurstracks in seine Hose ging - nein - an diesem Abend vergass sie sogar mein Futter. Ganz nebenbei gesagt: Der Schwanz von Yang war ziemlich schnell wieder jin und konnte überhaupt nicht wedeln!

Verstehen sie mich nicht falsch: Als Chiwauwau, so bezeichnet mich Brischitt immer, wenn mich Besucher achwieniedlichknuddeln, habe ich natürlich Nichts gegen Ausländer. Schließlich bin ich ja selbst ein Mitbringsel von einem anderen Kontinent. Sie müssen wissen: Britsch ist nämlich eine als Stewardess getarnte Anti-Terror-Tuss. Sie hat mich in Mexiko am Strand entdeckt und mitgenommen. Und weil ich im Flugzeug einen schnauzbärtigen Mann angeknurrt habe, der eine Knarre dabei hatte, bin ich jetzt immer mit an Bord. Terroristen anknurren und manchmal auch Touristen anpinkeln. Wenn schon keine Bäume da sind. Die Schimpfe danach ist das allemal wert.

Nur die dauernde Achwieniedlichknuddelei geht mir auf die Nerven. Wenn wir durch das ganze Flugzeug durch sind, darf ich mich den Rest vom Flug immer auf dem Schoß von irgendeinem ängstlichen Kind oder einer Oma zusammenrollen. Zuerst zittere ich wie Espenlaub, dass sie denken, sie müssen mich beruhigen, und wenn sie dann selbst ganz ruhig sind, lecke ich ihre Hand und döse bis nach der Landung. 

Wuff. 

Da habe ich also dem Yang seine Hose zerfetzt und das Bein am Jacket gehoben. Die lagen ja auch so provokativ auf dem Flurboden rum, während die zwei hinter der verschlossenen Schlafzimmertüre keuchten, stöhnten und schrien, als ob sie einen Kampf auf Leben und Tod führen. Schließlich wurde ich müde und rollte mich in einer gepolsterten Tasche zusammen.

Als ich erwachte, brüllte und tobte es um mich herum. Meine Augen quollen fast aus den Höhlen und mir war, als stände ein Panzer auf mir. Irgendwann wurde es besser und ich jaulte so vor mich hin, weil mir alles wehtat und ich tierischen Hunger hatte. Das hörte Yang, öffnete den Reißverschluss meines Gefängnisses und machte mindestens so grosse Augen wie ich zuvor. 

Er hatte mich in seiner Kameratasche mitgenommen. Normal waren persönliche Dinge in einer Raumfähre verboten, doch er hatte die Kamera mitnehmen wollen, da er Brischitt Bilder von seiner Reise auf den Mond versprochen hatte. Vom Verbleib der Kamera weiß ich nichts. Da lagen so viele Sachen im Flur herum, dass ich mich beim besten Willen nicht daran, erinnern kann, wie das Teil im Müllschacht gelandet ist. Sorry.

Der Rest ist schnell erzählt. In der Fähre war genügend Luft für uns beide. Schließlich bin ich kein Bernhardiner. Das mit dem Essen war nur insoweit ein Problem, dass die Schlauchrausdrückpampe scheußlich schmeckte. Die Landung auf dem Mond war auch nur etwas holpriger als meine sonstigen Landungen. 

Woher ich weiß, dass wir auf dem Mond waren?

Nun, ich durfte im Ersatzhelm mit raus. Leider aber nicht an die chinesische Flagge pinkeln. Da war keine Öffnung im Helm. Warum die Menschen so einen Aufwand machen, um auf diese Staubkugel zu kommen, weiß ich auch nicht. Weit und breit keine Bäume zu sehen, keine Pfützen zum Saufen und Durchrennen und keine Gerüche. Wobei ich das nicht mit Sicherheit sagen kann. Wie gesagt, ich steckte ja in diesem Helm.

Die Rückreise war eher unspektakulär. Gassi gehen war übrigens auch nicht. Yang fing mein Pipi und Kaka mit einem Rüssel auf und sagte, das würde wieder zu neuem Trinkwasser und Fresspaste aufbereitet. Pfui Teufel! Dran riechen - okay. Aber nochmal fressen - nee! Etwas mehr Rütteln und Schütteln war es dann doch noch vor der Landung. Aber als mich die Matrosen in meinem Helm aus dem Wasser geborgen hatten, gab es gleich Fressi und eine Woche später war ich wieder bei der heulenden Brischitt und mein Schwanz wedelte, was das Zeug hielt. Ganz sicher wieder viel heftiger und ausdauernder als der von dem blöden Yang. 

Na ja, ganz so blöde ist der Kerl doch nicht. Irgendwie kommt man sich in so einer Raumfähre doch näher. Kraulen kann er auf alle Fälle klasse. Nicht so wie Brigitte - aber fast.

Ach so. Sie fragen, warum die Geschichte Weihnacht in der Fremde heisst! Na ja, als ich zurückkam, waren in den Hotels die Anpissverbotentännchen wieder verschwunden. Auf den Straßen zuhause war das ganze Glitzerrzeugs auch wieder verschwunden. Das muss doch wohl heißen, dass ich Weihnachten auf dem Mond oder zumindest dem Weg dorthin oder zurück verbracht habe. Logisch, oder?

Wie? Die Chinesen waren noch nicht auf dem Mond. Wuff. Nun - ganz sicher bin ich mir auch nicht. Es könnte auch der Mars gewesen sein. Aber dagegen spricht, dass Brigitte gestern zu ihrer Freundin Anita gesagt hat, dass sie Yang nochmal auf den Mond schickt, wenn er nicht bald aufhört, mit dieser Tairodingsbummsnautenschlampe Liu auszugehen.

Wuff!

Soll er die meinetwegen heiraten, dann hab ich meine Brigitte wieder ganz für mich. Einen besseren Schwanzwedler findet sie sowieso nirgends!

Und? Grinsen sie jetzt immer noch? Wie gesagt, für den Namen Peterchen kann ich nichts. Frauchen sind halt so. Aber ansonsten bin ich richtig stolz auf meine Weltraumfahrt. Schließlich war ich der erste Hund auf dem Mond!