Tangoho!
Als ich ihr beim Tanzabend begegnete, sah die Auserkorenee nicht meine Krone. Nicht den ausdauernden doch treuen und zarten Lüstling, der ich nun mal hinter der offenen Fassade bin. Auch nicht den Typen mit dem man die Hütte einreißen kann, ohne gleich die Kettensäge raus zu holen. Nein, sie schaute an mir vorbei, als ob ich ihr die goldene Kugel geklaut hätte und sie mir das nicht in hundert Leben verzeihen könne. Nicht mal auf einem Teller als besten Käsekuchen der Welt, würde sie mir ihre Lippen öffnen! Sie sah nur den Kuchenteig ohne den köstlichen, aus vielen wertvollen Zutaten bereiteten Belag. Und ahnte nichts vom Genuß, den ihr das Kosten bieten könnte.
Seufz - so sind leider die allermeisten Tango-Prinzessinnen, denen der Tanzpartner nur als notwendiger aber lästiger Statist auf der Bühne dienen darf. Und natürlich als derjeneige, dessen Schuh auf ihrer Schärpe es war, der ihre so harmonisch royale Darbietung so schändlich unterbricht, obwohl es ihr Stiletto ist, der das häßliche Loch im Stoff ihres Catwalks gerissen hat. Jener Banause, der ihr die Glorie ihre königlichen Auftritts so schändlich geraubt und sie damit vor aller Augen ins Elend gestürzt. Unverzeihlich!
Einzig beten darf der Ritter vor ihr, mit gebeugtem Knie und dankbar sein, wenn er nicht als Prinz erkannt wird. Und doch ist genau dieses Mechant ihres Ausdrucks, diese distanzierte Affektiertheit, die mich unbelehrbar dummen Haushofmeister schon immer trotz alledem zu feuchten Träumen verführt hat. Wie oft habe ich dies Los verflucht und gedacht: "Wäre ich ein Bad-Boy müsste ich keinen Finger rühren und sie würde als sanfter Schmetterling schneller auf mir landen, als ich meine Blütenblätter, geschweige denn meinen Stempel in die Höhe recken könnte." Und sie erführe erst, wenn ich ihr Krone und Schärpe geklaut und unverfroren das doch zartere als vorgespielte Prinzessinen-Rückgrat gebrochen, dass dieser wilde Wolf zuvor schon ihre Großmutter gefressen hat.
Nun gut, es scheint, dass Prinzessinnen-Blut doch dünner ist, als angenommen. Genauso, wie der Haushofmeister oft königlicher handelt, als die mit Pelzkragen ausstaffierte Capeträger und Herren. Ab und an müssen Männlein und Weiblein ungeachtet ihres Hochwohlgeboren und ihrer Rollen dann doch vom hohen Ross oder Thron heruntersteigen. Das macht Hoffnung und zumindest die ihnen eigene, weil so oft geübte Fähigkeit die Wirbelsäule aufzurichten, lässt sich mit etwas Geduld wieder aktivieren. Das nebenbei und unauffällig zu meistern, lag schon immer im Aufgabenbereich der Haushofmeister, Narren, Zofen, Köchinnen und Ammen.
Deshalb du Haushofmeister, den Arbeitskittel ausgezogen, rein in den Macho-Stenz und wohlgemut die Knie gebeugt vor den Königinnen des Parketts. Denn ab und an ist hinter der abweisenden Maske auch ein weiches Herz versteckt und lässt sich mit etwas Feingefühl und klarer Führung erweichen und erfolgreich aus jahrelanger Verbannung hinter Gitterstäben in die Freiheit locken. Verzweiflung kann nur mit Bewegung abgelenkt und mühelos vertrieben werden! Genau dafür wurde uns der Tanz ja von den Göttern geschenkt!
Vier Beine und Herzen gemeinsam zu bewegen, mit Locken und Necken, dass sich die Mundwinkel nach einer Weile ganz wie von selbst heben un sich die Wangen der Tänzer ohne Hintergedanken, Reißzähne oder Frisurenängste immer weiter zueinander sehnen. Bis sich nebst ihnen endlich wieder die herzen berühren! Dann verschwinden die schweren Kronen. Frösche werden zu prächtigen Prinzen ohne Rüstung. Dann wirbeln Engel mit Raubtieren, Feen und Gnome glückselig im Ringelreihen umeinander, als ob es kein Morgen gäbe.
So kann Tango den Stier bei den Hörnern packen und lächelnd selbst die gebrochensten Herzen heilen!